Wasserversorgung in Berlin sichern: sofortige Maßnahmen gegen PFAS im Wasserwerk Tegel einleiten 16. März 2024Die ernsthafte Problematik der PFAS-Kontamination im Grundwassereinzugsgebietdes Wasserwerks Tegel stellt nicht nur eine direkte Bedrohung für dieTrinkwasserversorgung dar, sondern hat auch weitreichende Auswirkungen auf dielokale Umweltgesundheit.PFAS (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) sind als sogenannteEwigkeitschemikalien bekannt dafür, sich in der Natur nicht abzubauen. DieseChemikalien stehen seit einiger Zeit im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit,dasie sich nachweislich in Blut, Leber oder Niere anreichern und dort toxischwirken.Sie vermindern die Impfansprache vor allem bei Kleinkindern und haben auch einennegativen Einfluss auf das Geburtsgewicht von Neugeboren. Des Weiteren stehensie unter anderem im Verdacht, Hormone der Schilddrüse zu beeinflussen sowieKrankheiten wie Parkinson und Alzheimer zu begünstigen. Es gibt zahlreicheweitereVerdachtsfolgen.Die Verwendung von PFAS in verschiedenen Produkten wie Textilien,Löschschäumen, Kälte- und Treibmitteln sowie bestimmten Papier- undDruckerzeugnissen hat zu einer weitverbreiteten Kontamination vonOberflächenwasser in Deutschland geführt. Die EU-Chemikalienstrategie verlangtseit Oktober 2021 das Verbot von PFAS in verschiedenen Anwendungen, darunterauch in Feuerlöschschäumen. Daran anschließend trat im Februar 2023 innerhalbder EU ein Verbot für etwa 200 PFAS gemäß der geänderten REACH-Verordnung inKraft.Situation im Wasserwerk TegelDie Situation im Wasserwerk Tegel ist äußerst besorgniserregend. Durch sensibleAnalysetechnik wurden 2021 stark erhöhte PFAS-Werte in 42 von 131 Brunnendetektiert, was 30% der Gesamtfördermenge des Wasserwerks entspricht. Diegemessenen Werte liegen zwar noch unterhalb des aktuellen Leitwerts von 100 ng/ldes Umweltbundesamts (UBA). Allerdings wurde im Juni 2023 eine neueTrinkwasserverordnung erlassen, die einen deutlich niedrigeren Grenzwert fürPFAS-4 von 20 ng/l festlegt, der ab Januar 2028 gelten wird.Eintragsquellen sind diverse Standorte auf dem Gelände des ehemaligen FlughafensTegel. Als Hauptquelle der Kontamination wurde ein ehemaliges Löschübungsbeckenauf dem militärisch genutzten Teil des ehemaligen Flughafens Tegelidentifiziert. Dortführte die Flughafenfeuerwehr von 1976 bis 1999 Löschübungen durch, bei denenPFAS-haltige Feuerlöschschäume verwendet wurden. Der zweithöchste Eintrag fandauf dem zivilen Geländeareal an der Feuerwache Süd statt. Nach aktuellemWissenstand sind die sanierungspflichtigen Zustandsstörer die Bundeswehr bzw.Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Löschübungsbecken) und die Tegel ProjektGmbH bzw. das Land Berlin (Feuerwache Süd).Schon im Jahr 2014 informierten die Berliner Wasserbetriebe erstmals dieAltlastenbehörde über nachgewiesene PFAS-Belastungen im Grundwasseranstromdes Wasserwerks Tegel aus Richtung des ehemaligen Flughafengeländes. Trotzdieses langjährigen Wissens wurden bisher weder von den Verursachern derKontamination (Bundeswehr und Tegel Projekt GmbH) noch von derAltlastenbehörde als zuständiger Landesbehörde angemessene Schritteunternommen, um die PFAS-Kontamination zu beseitigen. Da außerdem keineSicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen im Vorfeld des Wasserwerks bestehen,strömt das kontaminierte Grundwasser weiterhin ungehindert auf die Brunnen derBerliner Wasserbetriebe zu.Die Berliner Wasserbetriebe haben zwar reagiert und erste Maßnahmen ergriffen,darunter das verstärkte Betreiben bestimmter Brunnen zur Fokussierung derSchadstofffahne und der Betrieb einer Aufbereitungsanlage mit Aktivkohle zurAdsorption von PFAS aus dem Grundwasser. Die Anlage bietet aber keinelangfristige Lösung. Denn weiterhin kommt es in 34 Brunnen zur Überschreitungdeskünftigen Grenzwertes, ab 2028 ist dies aber nicht mehr zulässig. Besonders indenSommermonaten sind die Berliner Wasserbetriebe auf diese Brunnen angewiesen,um den Wasserbedarf der Bevölkerung zu decken. Deshalb ist dieWasserversorgung Berlins akut gefährdet.Erforderliche Maßnahmen, um das Problem langfristig zu lösen, sind:Erstens bedarf es einer umfassenden Bodensanierung der identifiziertenHotspots.Zweitens ist die Errichtung eines „Schutzwalls“ dringend notwendig. Diesersoll aus Abwehrbrunnen und Aufbereitungsanlagen bestehen. Ziel ist es, dieBrunnengalerie des Wasserwerks Tegel effektiv zu schützen.Drittens müssen weitere Messstellen im Vorfeld der Brunnengalerien gebautwerden, damit weitere erforderliche Standorte für Abwehrbrunnen bzw.Aufbereitungen identifiziert werden.ForderungenWir fordern daher die Altlastenbehörde auf, die Verantwortlichkeit derBundeswehrsowie der Tegel Projekt GmbH für die PFAS-Kontamination offiziell anzuerkennenund finanzielle Schritte zur Haftbarmachung einzuleiten.Des Weiteren fordern wir die Altlastenbehörde, die Senatsverwaltung fürMobilität,Verkehr, Klimaschutz und Umwelt sowie den gesamten Senat auf schnellstmöglichdie nötigen Schritte (s.o.) einzuleiten.Es ist von höchster Wichtigkeit, dass alle relevanten Parteien kooperieren, umdieWasserversorgung Berlins nachhaltig zu schützen und insbesondere die PFAS-Kontamination am Wasserwerk Tegel effektiv zu bewältigen.Des Weiteren muss das Thema PFAS mit höherer Priorität behandelt werden. Hierfürist ein umfangreiches Monitoring im gesamten Einzugsgebiet der BerlinerWasserbetriebe erforderlich, um weitere PFAS-Hotspots zu identifizieren. ImAnschluss müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um diese Altlasten zubeseitigen.